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Zwischenbilanz Homeoffice – erfolgreich, mit kleinen Tücken

Zwischenbilanz Homeoffice
erfolgreich, mit kleinen Tücken

Ging man früher jeden Tag ins Büro, arbeiten inzwischen viele Menschen ganz oder teilweise von zu Hause aus. Doch wie wirkt sich das Homeoffice langfristig auf die Produktivität und das Wohlbefinden der Angestellten aus? Und worauf sollte man achten, um die Arbeit am heimischen Schreibtisch möglichst gut zu gestalten?

Der Siegeszug des Homeoffice gehört zu den großen Überraschungen in der Arbeitswelt der letzten Jahre. Statt der jahrzehntelang hochgehaltenen Präsenzkultur im Büro entdeckte man während der Corona-Pandemie, dass sich auch von zuhause aus im großen Stil erfolgreich arbeiten lässt, vorausgesetzt man setzt moderne Tools wie Videokonferenzen und digitale Plattformen richtig ein.

Die Zahlen sprechen für sich: Vor der Pandemie waren es der Hans-Böckler-Stiftung zufolge gerade einmal vier Prozent der deutschen Angestellten, die im Homeoffice tätig waren. Während des ersten Lockdowns kletterte der Anteil dann sprunghaft auf etwa 30 Prozent. Und heute, ein Jahr nach dem Ende der Pandemie-bedingten staatlichen homeoffice-Pflicht arbeiten laut ifo-Institut  immer noch etwa 25 Prozent aller Angestellten voll oder tageweise von zu Hause aus.

Tendenz: durchaus stabil, viele Arbeitgeber haben angesichts des neuen Trends bereits langfristig Bürokapazitäten abgebaut, um Kosten zu sparen. Der Infektionsschutz ist dabei nicht mehr der ausschlaggebende Grund für die (temporäre) Zusammenarbeit auf Distanz. Wichtiger sind heute Argumente wie Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Effizienz und die Hoffnung, in Zeiten des Fachkräftemangels mit dem Autonomieversprechen des flexiblen Arbeitens die besten Talente für sich gewinnen zu können. Aber auch gesamtgesellschaftlich spricht viel für den Trend zum ortsunabhängigen Arbeiten: Weniger Pendeln bedeutet auch eine Reduzierung der CO2-Belastung, entlastet den Verkehr und die Infrastruktur in den Städten, stärkt die ländlichen Regionen und nicht zuletzt auch die Sozialsysteme, weil Eltern und pflegende Angehörige ihre Arbeit und ihr Privatleben so besser vereinbaren können.

Homeoffice funktioniert nicht für alle

Man kann also sagen: Zum Glück haben viele Berufstätige heute die Wahl. Zur Wahrheit gehört aber auch: Andere haben sie nicht. Ob im Transport- Gesundheits- Sozial- oder Bauwesen: Längst nicht alle Tätigkeiten lassen sich nun einmal ins heimische Büro verlagern. Das hat bereits während der Corona-Zeit durchaus zu Spannungen in der Gesellschaft geführt. Damals wurde deutlich, dass das Personal in den Krankenhäusern und im Lebensmitteleinzelhandel ganz anderen Belastungen und Risiken ausgesetzt war als die Schreibtischarbeiter. Den Arbeitsort frei wählen zu können, ist also ohne Frage ein Privileg – zumal statistisch von der Wahlmöglichkeit für Homeoffice vor allem besser bezahlte und akademisierte Berufe profitieren.  Zukünftig hier für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, gehört zweifelslos zu den Aufgaben, die sich der modernen Arbeitswelt heute stellen.

Homeoffice: Drei Schreibtische – Drei Beispiele

Das hat unserer Lebensqualität extrem gutgetan.

Alex, 45, Fachinformatiker im öffentlichen Dienst

Ich habe seit dem Studium in München gelebt und bin ich fast jedes Wochenende zum Wandern rausgefahren. Als mein Arbeitgeber Homeoffice eingeführt hat, habe ich bald über einen Umzug aufs Land nachgedacht und gemeinsam mit meiner Frau eine Wohnung nahe der Berge gesucht. Nun wohnen wir bereits seit fast anderthalb Jahren draußen, arbeiten zu 50 Prozent im Homeoffice und haben so die Möglichkeit, direkt nach der Arbeit eine große Runde mit dem Fahrrad zu drehen oder noch zu einer Nachmittagswanderung zu starten. Das hat unserer Lebensqualität natürlich extrem gutgetan. Der tägliche Smalltalk im Büro fehlt mir nicht so sehr, ich unterhalte mich lieber mit meinen Freunden und bin ehrenamtlich aktiv. Ich finde es perfekt, dass meine Produktivität immer in dem Moment startet, in dem ich mich an meinen Rechner setze.

Britta, 52, Mitarbeiterin einer Recruitingabteilung

Seit 2020 waren wir erst vollständig im Homeoffice, seit Sommer 2022 arbeiten wir jetzt hybrid. Wir treffen uns an einem Tag im Büro und an den übrigen  Tagen arbeiten wir digital zusammen. Bei einem Morgenmeeting quatschen wir über alles Mögliche, damit das Team-Gefühl nicht zu kurz kommt und wir alle gut gelaunt in den Tag starten können. Der Bürotag ist für uns jetzt vor allem ein Teamtag, und die Homeoffice-Tage sind zum Erledigen festgelegter Aufgaben da. Ich denke, es tut auch den Unternehmen allgemein gut, dass wir heute etwas entspannter arbeiten – und nicht mehr so oft von A nach B hetzen müssen. Persönlich genieße ich am meisten, dass ich nicht mehr fünf Tage pro Woche neun bis zehn Stunden lang in Absatzschuhen unterwegs bin. Das Büro ist ja auch eine Bühne. Da ist es wohltuend, dass es an den Tagen am heimischen Rechner entspannter zugeht und ich in der Mittagspause sogar mal auf die Yoga-Matte komme.

Ich setze mich auch gerne mal am frühen Abend an den Rechner und habe dafür etwas mehr Zeit mit den Kindern am Nachmittag.

Sabine, 35, Verwaltungsangestellte

Ich bin Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern und habe einen Vollzeitjob. Das wäre früher – mit Pendelzeiten von einer Stunde pro Strecke – gar nicht machbar gewesen. Dank Homeoffice und flexibler Arbeitszeiten geht es. Ich setze mich auch gerne mal am frühen Abend an den Rechner und habe dafür etwas mehr Zeit mit den Kindern am Nachmittag. Ich habe aber schon gemerkt, dass ich auch aufpassen muss, dabei nicht meine Gesundheit zu vernachlässigen. Wenn ich am frühen Abend noch arbeite, dann niemals im Schlafzimmer und auch nur bis maximal eine Stunde vor dem Zubettgehen. So habe ich genügend Zeit, um runterzukommen, und das Schlafzimmer ist energetisch clean und dient ganz der Erholung. Wichtig für mein Wohlbefinden im Homeoffice sind auch regelmäßige Check-ins mit meinem Vorgesetzten, um immer zeitnah Feedback zu erhalten und Probleme möglichst schnell zu klären. Wenn die Kinder größer sind, möchte ich auf jeden Fall wieder häufiger ins Büro gehen, weil ich meine Kollegen sehr mag und man vor Ort doch viel mehr mitbekommt, nicht nur von der Firma, sondern auch vom Leben da draußen insgesamt.

Was wissen wir heute über die Produktivität im Homeoffice?

Es gibt verschiedene Studien, die sich mit diesem Thema beschäftigen, aber keine eindeutigen Ergebnisse. Fest steht: Homeoffice fühlt sich für die meisten, die es ausprobiert haben, gut an, und die meisten möchten zumindest die Option darauf nicht mehr missen. Nicht jeden Tag Stunden im Stau stehen, eigenverantwortlich und ohne Störungen des Großraumbüros an einer Aufgabe arbeiten – das führt nicht nur zu einem besseren Wohlbefinden bei vielen, es ermöglicht auch aus ihrer Sicht eine höhere Produktivität.

Auch Führungskräfte äußerten sich in Studien der Vergangenheit positiv über die Leistungskurve ihrer Angestellten im Homeoffice. Und die umfangreichen Daten des Tech-Unternehmens Microsoft belegen ebenfalls, dass im Homeoffice mehr gearbeitet wird als im Büro. Dies habe allerdings auch mit einer gewissen „Produktivitätsparanoia“ zu tun: Die Beschäftigten fühlen sich demnach motiviert, extra viel zu leisten, um dem Misstrauen ihrer Vorgesetzten zu begegnen, weil diese die Arbeit im Homeoffice weniger gut kontrollieren können als im Unternehmen. Vertrauen und Unterstützung seien jedoch Kontrolle unbedingt vorzuziehen, empfehlen die Experten von Microsoft.

Weniger soziale Interaktion

Kritische Tendenzen in Bezug auf die Produktivität erkennen die Experten für digitale Zusammenarbeit trotzdem: Denn im Homeoffice werden, so die Studie, vor allem zeitlich nicht synchrone Kommunikationsmittel verwendet: Man schreibt sich also wesentlich öfter Emails oder Textnachrichten und führt weniger direkte Einzelgespräche. Das reduziert auf Dauer die sozialen Beziehungen und den Informationsfluss zwischen den Mitarbeitenden. Wann dieser Effekt tatsächlich auftritt, ist jedoch sehr individuell und letztlich auch eine Frage, wie aktiv Führungskräfte und Angestellte ihnen durch geeignete Maßnahmen entgegenwirken.

Glücksfaktoren im Homeoffice

Letztlich ist Homeoffice immer auch eine Typsache. Nicht jeder kommt gleich gut damit klar, den ganzen Tag allein vor dem heimischen Rechner zu verbringen. Eine psychologische Langzeitstudie der Universität Leipzig kommt zu dem Ergebnis, dass introvertierte Charaktere in ihrem Wohlbefinden stärker von der Heimarbeit profitieren als extrovertierte, die das Alleinsein zuhause naturgemäß eher stresse.

Insgesamt fällt das Urteil der Beschäftigten jedoch ausgesprochen positiv aus, besonders beim Punkt Work-Life-Balance. 77 Prozent der Beschäftigten geben laut Studie der Hans-Böckler-Stiftung an, dass das Homeoffice die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert. Der Wegfall von Pendelstress und die größeren Möglichkeiten, gesundheitliche Selbstfürsorge zu praktizieren, zählen ebenfalls zu den großen Pluspunkten. Das zeigt sich auch in den Statistiken der Krankenkassen: Demnach waren Menschen ohne Homeoffice durchschnittlich 13 Tage krank, während es bei Beschäftigten im Homeoffice nur acht Tage waren. Denkbar ist allerdings auch, dass Beschäftigte im Homeoffice eher dazu neigen könnten, auch krank weiterzuarbeiten, weil sie das Haus nicht verlassen müssen.

Damit Homeoffice gut tut und nicht krank macht, bedarf es auf jeden Fall besonderer Regeln und Anpassungsmaßnahmen:

Auf eine gesunde Arbeitsumgebung und eine ergonomische Einrichtung des Arbeitsplatzes achten

Den wegfallenden Arbeitsweg auf jeden Fall mit regelmäßigen aktiven Sporteinheiten und am besten bereits einem Spaziergang vor Arbeitsbeginn ersetzen

Auf eine Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben achten und die digitalen Geräte nach beendeter Arbeit ausschalten

Klare Absprachen über die Erwartungen, die Ziele, die Arbeitszeiten, die Erreichbarkeit und die Feedback-Mechanismen

Regelmäßige Pausen und klar definierte Arbeitszeiten

Gegen Vereinsamung möglichst viel reale Kontaktmöglichkeiten mit Kollegen und Freunden schaffen

Die Zukunft: das Beste aus beiden Welten

Mit dem Modell der hybriden Arbeit, also dem Verbinden von Homeoffice mit Arbeitstagen im Unternehmen, könne es gelingen, die Vorteile beider Welten zukünftig zu verbinden: Konzentration, Autonomie, Vertrauen und gute Work-Life-Balance auf der einen, persönlicher Austausch, gemeinsame Ideenfindung und gelebter Teamgeist auf der anderen Seite. Viele Unternehmen bemühen sich gerade, ihre Mitarbeiter verstärkt wieder ins Büro zu locken, ohne die Errungenschaften des mobilen Arbeitens zu opfern.

„Wir brauchen den persönlichen Austausch“ appelliert zum Beispiel der Telecom-Chef Timotheus Höttges an seine Mitarbeiter. Und hat ganz sicher nicht völlig unrecht, wenn er zum Thema Fachkräftemangel und Nachwuchssorgen zu bedenken gibt, dass besonders neue und junge Beschäftigte darauf angewiesen sind, „mit Menschen statt an Monitoren zu arbeiten.“

Und wie sind Ihre Erfahrungen mit Homeoffice? Schreiben Sie uns gern, wenn Sie diesen Artikel kommentieren möchten, ganz unten in der Kommentarfunktion.

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