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Produktives Plaudern: Warum mehr Kaffeepausen fast automatisch zu besserer Arbeit führen

Produktives Plaudern: Warum mehr Kaffeepausen fast automatisch zu besserer Arbeit führen

Private Gespräche in der Teeküche oder das kollegiale Gemecker über den Chef auf dem Flur werden oft belächelt oder sogar als Gefahr für den Betriebsfrieden gefürchtet. Doch diese informellen Gespräche sind besser als ihr Ruf. Richtig verstanden machen sie die Arbeit nachweislich produktiver, stärken die Vertrauensbeziehungen untereinander – und helfen Führungskräften dabei, frühzeitig Probleme und Chancen zu erkennen.

Flurfunk – Mit diesem Wort verbinden die Wenigsten etwas Positives. Wenn im Büro privat geredet wird, klingt das für viele schnell nach Zeitverschwendung oder Tratsch. Abschreckende Beispiele – vom Verbreiten falscher Gerüchte über bevorstehende Umstrukturierungen bis hin zu Mobbing und übler Nachrede – sind leider keine Seltenheit. Doch in den spontanen Gesprächen und Begegnungen am Arbeitsplatz, ob an der Kaffeemaschine, in der Raucherecke oder am Wasserspender, steckt mehr Potential, als das Tratsch‑Image zunächst vermuten lässtTatsächlich liefern diese kleinen ungeplanten Begegnungen den sozialen „Glue“, also Klebstoff, der für das Wohlbefinden bei der Arbeit und die Zusammenarbeit im Team eine wichtige Rolle spielt. Viele Beschäftigte schätzen den spontanen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen – ein Aspekt, der im Homeoffice naturgemäß seltener stattfindet. Digitale Tools wie Teams, Zoom oder Slack sowie eigens entwickelte Formate für informelle Kommunikation können hier zwar unterstützen, ersetzen aber nicht vollständig das persönliche Gespräch in der Kaffeeküche.

So geben 73 Prozent der Befragten in der Fraunhofer‑Studie Beyond Hybrid Work – Die post‑hybride Arbeitswelt an, dass ihnen der „informelle Austausch mit Kolleginnen und Kollegen“ im Homeoffice besonders fehle. Bei allen positiven Einschätzungen zur Produktivität der hybriden Arbeit sehen die Studienautoren in der fehlenden räumlichen Begegnung eine Herausforderung für den sozialen Zusammenhalt. Gerade deshalb ist eine ausgewogene Balance von Homeoffice mit gelegentlichen Präsenzzeiten, die den Teamzusammenhalt stärken, besonders wichtig.

 

Auswirkungen des informellen Austausches und soziale Vernetzung
innerhalb eines Unternehmens auf die Arbeitsproduktivität

HÖHER WAR DIE ARBEITSPRODUKTIVITÄT BEI
HÄUFIGEM AUSTAUSCH MIT DEN KOLLEGEN

HÖHER WAR DIE ARBEITSPRODUKTIVITÄT BEI BESONDERS
GUTER SOZIALER VERNETZUNG IM UNTERNEHMEN

Quelle: Massachusetts Institute of Technology, Watercooler chat, organizational structure and corporate culture

 

Wie groß ist der Watercooler-Effekt?

Wirtschaftspsychologen beschäftigen sich seit Längerem mit dem sogenannten „Watercooler-Effekt“ – dem Einfluss informeller Gespräche an Kaffeeautomat oder Wasserspender auf die Produktivität im Unternehmen.

Quelle: alle Bilder Shutterstock

Laut der Theorie fördern diese Begegnungen nicht nur das Zugehörigkeitsgefühl, sondern auch die Zusammenarbeit im Team – ähnlich wie eine Wasserstelle in der Savanne, an der sich die „Herde“ trifft.

Ein Forschungsteam des MIT hat diesen Effekt untersucht: Mitarbeitende aus verschiedenen Branchen wurden mit Sensor-Badges ausgestattet, die Gespräche und Bewegungen aufzeichneten. Das Ergebnis: Wer häufiger mit Kollegen sprach, war im Schnitt 10 % produktiver. Besonders gut vernetzte Mitarbeitende erreichten sogar ein Plus von 14 %.

Laut Studienleiter Alex „Sandy“ Pentland liegt das an zwei Dingen: Erstens stärkt der Austausch den Teamgeist – ein zentraler Faktor für Motivation und Leistung. Zweitens werden wichtige Informationen schneller weitergegeben. Denn beim Smalltalk geht es nicht nur ums Wetter, sondern auch um Tipps, Probleme und Ideen aus dem Arbeitsalltag.

„Viele wichtige Informationen darüber, wie man seinen Job gut macht, findet man nicht in einem Handbuch. Man erfährt es am Wasserspender von anderen.“ (Alex Pentland, MIT)

Orte schaffen Kommunikationsgelegenheiten

Viele Verantwortliche in Wirtschaft und Verwaltung haben inzwischen verstanden, dass es wichtig ist, ihre Mitarbeitenden möglichst intensiv miteinander ins Gespräch zu bringen.

So planen 93 Prozent der Unternehmen in Deutschland laut PricewaterhouseCoopers derzeit, ihre Büroflächen zu modernisieren – auch um mit besonders einladenden Räumlichkeiten wieder stärker für die Präsenz im Office zu gewinnen.

Nicht nur, weil zufällige Gespräche oft effektiver sind als viele Memos oder weil durch kollegiale Tipps Vorbehalte gegenüber technischen Neuerungen abgebaut werden können. Hier entsteht sogar echte Innovation und so manche ungewöhnliche Idee – in Zeiten technologischer Innovation ein Gold, auf das viele Unternehmen wie zum Beispiel die Novartis AG nicht verzichten wollen.

Sie setzt schon länger auf die Schaffung von Kaffeezonen, um den Benefit der informellen Kommunikation möglichst intensiv auszuschöpfen. Gezielt wird sogar geplant, welche Teams im gleichen Gebäue oder Stockwerk zusammenarbeiten und sich die Kaffeezone teilen, um interdisziplinäre Verbindungen zu schaffen, wie der Unternehmenssprecher Satoshi Jean-Paul Sugimoto in einem Interview verrät. Im Zeichen von New Work werden zudem die Übergänge von Kaffeepause und Teamwork immer flüssiger. Ein gutes Beispiel dafür ist auch das sogenannte „Mulitspace“-Konzept des Münchner IT-Rathaus, das mehrere offene Begegnungsbereiche, offene Kaffeeküchen und eine Lounge geschaffen hat, in denen man sich zwanglos begegnen aber auch zum konzentrierten Zusammenarbeiten in entspannter Atmosphäre treffen kann.

Smalltalk ja, aber richtig

Sich ab und zu in ein kleines Gespräch verwickeln zu lassen, gilt in einigen Betrieben bereits heute als ein wichtiger Teil der Arbeit. Um den Chat an der Kaffeemaschine gekonnt einzusetzen, ist es jedoch wichtig, ein paar Spielregeln einzuhalten. Denn erstens sind Tuscheleien und das Verbreiten von Gerüchten damit natürlich nicht gemeint. Und zweitens gehört zur Kunst des kollegialen Kaffeetrinkens nicht nur das Wissen, wie man ein Gespräch eröffnet. Sondern auch, wie man es rechtzeitig wieder beendet oder freundlich auf einen anderen Zeitpunkt vertagt – damit man sein knackiges Tagespensum an Arbeit trotz der Plaudereien erledigt bekommt.

Kaffeemaschinen-Knigge: Empfehlungen für informelle Gespräche im Büro

Themen mit Fingerspitzengefühl wählen.
Unverfängliche Inhalte wie Freizeitaktivitäten, Alltägliches oder berufliche Erfahrungen eignen sich gut als Einstieg. Mehr zuhören und freundlich nachfragen hilft, eine Vertrauensbeziehung aufzubauen.

Offen für neue Gesprächspartner sein.
Gespräche über Abteilungsgrenzen hinweg fördern Verständnis und Teamgeist – auch mit weniger bekannten Kolleginnen und Kollegen.

Transparenz statt Flüsterton.
Vertrauliche Gespräche sollten in separaten Räumen geführt werden. Heimliches Tuscheln im Flur nervt die anderen Kollegen garantiert.

Lästereien vermeiden.
Machen Sie nicht mit, wenn böse Gerüchte oder persönliche Angriffe auf Dritte weitergetragen werden. Damit zeigen Sie Respekt und verdienen ihn sich zugleich.

Chancen für Impulse erkennen.
Manchmal entstehen aus beiläufigen Bemerkungen neue Ideen oder Lösungsansätze. Dann am besten gleich einen Termin vereinbaren, um das Thema konzentriert und in Ruhe besprechen zu können – auf jeden Fall nicht zwischen Tür und Angel.

Kaffeemaschinengespräche mit Chefs: Darauf kommt es an

Auch Führungskräfte nutzen den kurzen Austausch an Kaffeemaschine oder Wasserspender gezielt – als Stimmungsbarometer und Frühwarnsystem. Denn wer nah am Team ist, bekommt frühzeitig mit, wenn Gerüchte kursieren oder Unsicherheiten wachsen.

Doch worauf kommt es beim Smalltalk mit Vorgesetzten an?

Trotz lockerer Atmosphäre bleibt die Beziehung asymmetrisch. Ein gutes Verhältnis heißt nicht, beste Freunde zu sein – auch nicht, wenn man regelmäßig zusammen Kaffee trinkt oder kickert. Entscheidend ist ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe, mit klarem Blick für Rollen und Grenzen.

Gute Führungskräfte stellen keine zu privaten Fragen, sondern eröffnen Gespräche mit offenen, unverbindlichen Einstiegen wie: „Wie war Ihr Wochenende?“ – ein Angebot, kein Muss.

Vertrauen entsteht, wenn Chefs informelle Gespräche nutzen, um ehrliches Feedback einzuholen und echtes Interesse an den Perspektiven ihres Teams zeigen.

Wichtig: gleiche Nähe zu allen.
Der Eindruck, es gäbe „Lieblingsmitarbeitende“, mit denen bevorzugt geplaudert wird, während andere außen vor bleiben, schadet dem Betriebsklima – und letztlich auch der Führungswirkung.

Fazit: Smalltalk ist eine Chance – kein Muss

Ob mit Kollegen oder Vorgesetzten – Gespräche in der Kaffeeküche können den Teamgeist stärken und wichtige Infos liefern. Aber: Nicht jeder Moment ist dafür geeignet. Manchmal will man einfach nur in Ruhe einen Kaffee holen – und das ist völlig okay.

Informelle Gespräche sind freiwillig. Wer gerade keine Lust auf Plauderei hat, muss sich nicht rechtfertigen. Doch wer sich dauerhaft entzieht, verpasst nicht nur wertvolle Einblicke, sondern auch ein Stück Arbeitsfreude.

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